Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Sonntag, 13. Dezember 2015

Medlicott Dome, Bachar-Yerian

Dieser  Ultra-Klassiker in den Tuolomne Meadows, Yosemite, verläuft im großen schwarzen Streifen der Bildmitte, teils auch  im Gelben rechts davon. Ich weiß, das Wort "Klassiker" ist etwas abgenutzt, im Folgenden sollte aber klar werden, dass es hier seine ursprüngliche Bedeutung voll verdient.

Eigentlich hatte ich diesen mit 5.11d R/X bewerteten 6-SL-Ultra-Klassiker in den Tuolomne Meadows, Yosemite, gar nicht auf den Plan. Zwar ist die Bachar-Yerian berühmt, es war aber auch von Harakiri-Kletterei an jederzeit herausbrechenden Knobs die Rede und der Zusatz "R/X" schreckt auch ab. Viele USA-Führer bewerten nämlich die Exposition und den moralischen Anspruch mit der USA-Altersklasse für Kinofilme: von PG (Parental Guidance) über R (Restriced) bis X (Explicit Sex/Violence). Zusammen mit der Schwierigkeit und dem Erstbegeher ist dies schon abschreckend ...

Da jedoch Rainer Treppte noch nicht angekommen ist, schließe ich mich  meinen Sachsen-Freunden Stefan (Seppo) Gerber und Daniel Kubis  an. Seppo ist bei uns bekannt für seine  Souveränität und Ruhe,  wenn es um anspruchsvoll gesicherte Touren geht, so war klar, wer  vorsteigen würde. Ich lehnte mich, bildlich gesprochen, in den  Fernsehsessel zurück und war bereit, mit wohligen Gruseln aus der  Nachstiegsperspektive diesen "R/X-Film" zu genießen.
Seppo in der 1. SL (5.9 X)
Nach souveräner Überwindung der ersten SL kam aber Seppo die eigentlich gut gesicherte Crux am Beginn der 2. SL nicht hoch. Nun ja, das Gelände, leicht überhängend mit kleinsten Griffen, liegt mir sehr und ehe mir bereits jetzt einen kompletten Sack aufhängen, will ich die Crux bis zum nächsten, nicht allzu weit entfernten Haken versuchen, um dann wieder an Seppo zu übergeben.

 

In der Crux (2. SL)
In der Tat klappt es bei mir nach einigen Versuchen. Ich hatte neben den abschüssigen Winzleisten eine noch mikroskopischere, allerdings positive und grippige gefunden, die Seppo, obwohl vor der Nase, einfach nicht gesehen hat. Da es so gut ging, steige ich auch noch den nun folgenden Runout bis zum nächsten Stand weiter. Als Seppo bei mir ankommt, ist er allerdings moralisch fertig. Liegt es an der für ihn ungewohnten Nachsteigerrolle oder war er von den Vortagen zu sehr geplättet? Wie dem auch sei, es heißt, dass die berüchtigten Runouts der folgenden Seillängen nun bei mir liegen.


In der letzten schweren SL

Die Route ist einmalig: In jeder der drei schweren SL gibt es zuerst nach etwa 2-3 m einen leicht erreichbaren Bolt für den Dummy-Runner (sehr vorbildlich!), dann folgen jeweils drei "Meurerturm-Lineal-Ausstiege" (für Nicht-Elbsandsteinkenner: 8m- bis 15m-Runouts im Schwierigkeitsbereich um VII+/VIII-) hintereinander zum nächsten Stand. Die Crux ist dabei, den Überblick zu gewahren. Selbst wenn man den nächsten Bolt vom jeweils letzten sieht (es sind auch schon Leute daran vorbeigeklettert), bedeutet das noch lange nicht, dass die optimale Linie  direkt zu ihm führt, zumal es kaum Chalkspuren gibt. Es gilt, routiniert im Meer der "Knobs" zu navigieren, sich von den vielen Griffnieten nicht beirren zu lassen, jeden Knubbel zu testen (sie scheinen aber fester als ihr Ruf zu sein) und auch nach irreversiblen Zügen in Anbetracht der fast eine Kletterhallenhöhe darunter befindlichen letzten Sicherung nicht die Ruhe zu verlieren. O-Ton John Bachar: "You need three balls to lead this route"

Die objektive Gefahr erscheint mir dennoch geringer als die subjektive, da es (außer das flacheres Gelände unterhalb der ersten schweren Seillänge  und vielleicht einem leichtes Raspeln in der letzten) schlicht nichts gibt, was sich dem Flug entgegenstellen könnte (und außerdem etliche glimpflich verlaufende  "Mothers of All Whippers" im weiten Netz dokumentiert sind).

Daniel Kubis in der letzten schweren SL

Im Quergang kann man zum ersten Mal Friends legen. Vorteil: Man muss wenig Friends bzw. Camalots mitschleppen und wird ansonsten nicht durch das den Kletterfluss störende Legen von Sicherungen aufgehalten.

Summa Summarum: vom Fels, der Routenanlage, der Exposition und dem Ambiente her mit die beeindruckendste und beste Route, die ich kenne (und ich kenne viele Routen).

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