Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Samstag, 22. August 2009

Chamonix

Chamonix ist auf jeden Fall eine Reise wert! Mit Berni war's schon lang geplant, und Jo, Jungmannschaftsmitglied der Bayerländer, haben wir kurzerhand mitgenommen damit er mal reinschnuppern kann ins Klettern an den höheren Zapfen... Die Fahrt von München aus ist lang, ich verbringe die Zeit mit Fahren, Jo hauptsächlich mit Essen. Über dem Montreux am Genfer See langt's mir dann vom Fahren und Jo's Brotzeitvorräte gehen auch zur Neige: Zeit zum Abendessen, wir genießen die Stimmung mit einem Songtext von Deep Purpel im Ohr: "Smoke on the Water" erzählt von dem Brand der Seebühne während des Frank Zappa Auftritts beim Rockfastival in Montreux. Andernatags holen wir Berni in Sion ab, der schon eine Zeit lang im Wallis weilte und dortige Gipfel ereilte. In Chamonix angekommen führt uns der erste Weg zum OHM um Wetter, Bedingungen und vor allem Wer-Hat-Was-Gemacht abzuchecken.
Der Rest des Tages: Rumsitzen, auf die Berge schauen, weiter rumsitzen...
...und Abends endlich Essen. Berni ist erstaunt über die Mengen die in Jos nicht vorhandenem Bauch verschwinden, ich schau schon garnicht mehr hin und koche einfach die doppelte Menge.
Um uns an den Granit zu gewöhnen und zu testen wie es so dritt mit uns läuft wollen wir morgen zum Brenvent hinauf fahren und ein bischen Plaisirklettern:

Brevent "Voie Frison Roche" 6a (VI+)

Der Brevent erhebt sich auf der Südseite des Talkessels von Chamonix, also gegenüber der "Großen" mit Blick auf eben diese und ist bequem mit der Seilbahn erreichbar. Die Gipfel der Aguilles Rouges bieten Granitklettereien für jeden Geschmack: Von ganz leicht bis ziemlich schwer und von Plaisier bis völlig clean.

Als wir oben ankommen um zum Einstieg abzusteigen ist mit dem angepriesenen Panoramic allerdings erstmal Essig!

Also beschließen wir statt Klettern Wandern und bestaunen die lokale Fauna...

...und üben uns schon mal am Granit mit Bollerschuhen und ohne Seil.
Derweil lichten sich die Nebel und drüben schauen die ersten Spitzen raus, auch unser Tagesziel rückt plötzlich in den Focus, also schnell zum Einstieg gerannt und los. Die "Voie Frison Roche" ist ein Klassiker am Brevent, mit 6a nicht so schwer und mit Bohrhaken gut abgesichert. Bei schönem Wetter garantiert mit Stau und Anstehen, im Nebel stimmungsvoll und verlassen. Klassische Kletterei durch Risse, Kamine und zuletzt eine perfekte Verschneidung. Wir kommen vom Start weg gut miteinander aus haben zu dritt einen Haufen Spaß. Also die üblichen Trauerveranstalung! Jo in seiner ersten Granitverschneidung. Traurige Truppe: vlnr Walter, Berni, Jo
"Voie Frison Roche" Facts:
Schwierigkeit: 6a
Länge: 200mtr, 6 SL
Absicherung: Gut mit BH

Aig. du Midi "Frendopfeiler"

Nachdem wir uns am Brevent warmgeklettert hatten wollten wir nun auf der anderen Seite was an den "richtigen Zapfen" etwas machen, eine Akklimitisationstour mußte her!
Der Frendopfeiler auf die Aiguille du Midi erschien uns geeignet dafür: Erstmal mit der Seilbahn hinauf zur Mittelstation, unter dem Pfeiler schlafen und am nächsten Tag hinauf. Guter Plan, sieht im Buch so aus (die linke Route) ... ... und in Echt so (die Pfeilerkante an der Licht/Schattengrenze links der Bildmitte, oben läuft der Pfeiler in den markanten Schneegrat aus, die Felsbastion darüber wird links oder rechts im Eis umgangen, wir haben den linken Ausstieg geplant): Also auf die Gäule und ab zur Midibahn. Mit all den anderen vergnügungssüchtigen Abenteuerreisenden warten wir auf die Bahn. Von der Mittelstation laufen wir eine Stunde hinüber und hinunter auf die Moräne, ein guter Biwiplatz ist schnell gefunden. Berni hat auch schon einen Berg entdeckt und klärt uns über die Route auf ("...alles Alpen!") Etwaige Meinungsverschiedenheiten über Routenverlauf, Berg oder Zustieg werden demokratisch ausdikutiert. Argumentation frei nach Charle Moser.
Während sich die Sonne langsam hinter de Berg obidraht....
...haben wir uns gemütlich eingerichtet...
... und verkriechen uns ins Hotel Daune...
...oder schauen einfach noch a bissal.
Beim Hellwerden des neuen Tages sind wir schon ein paar hundert Meter den Pfeiler hinauf....
.... die Kletterei ist so zwischen fest und nicht fest, im Großen und ganzen macht's aber schon Spaß.
Gegenüber die Aiguilles de Chamonix mit der Aig. Plan
Kletterei am Pfeiler
Zwischendrin zerschlägt uns ein Block das rote Seil a bissal, zum Glück konnte ihn vorher mein Schienbein etwas abbremsen, sonst wär das schöne Seil noch mehr ramponiert worde. Glück muß man eben auch mal haben!
Nach oben hin wird der Pfeiler immer steiler und das Klettern geiler!
Ein Blick nach oben verrät's: Es ist noch ne Menge Pfeiler übrig
Am Beginn des Schneegrates gebe ich die Führung nach 20 SL an Berni ab. Während er rechts vom Grat die ertse Länge vorgeht, löst sich aus der Felsbastion darüber eine zwei mal zwei Meter große Granitscheibe die ich gern als Tischplatte daheim gehabt hätte. Der überdimensionale Pfannkuchen rutsch in den Hang, stellt sich auf und rast wie irre hinunter, macht plötzlich eine Kurve, kommt wieder ein Stück hinauf, Jo und ich hechten schon in Deckung. Da überlegt er sich's doch wieder anders, macht einen Sprung 50 Meter waagrecht in die Luft hinaus und verschwindet unter uns in der Tiefe. Ein paar Sekunden später krachts dann laut und deutlich zum Zeichen daß das Teil als Tischplatte nicht mehr zu gebrauchen sein dürfte. Schade drum.
Wir wollten ja sowieso nochmal draußen schlafen und beschließen die Schußbahn etwaiger nachfolgender Einrichtungsgestände auf die kühleren Morgenstunden zu verschieben. Auf dem Kopf der letzten Turmes vor dem Schneegrat bietet sich ein wirklich idealer Biwiplatz: Völlig eben, Platz genug und nach drei Seiten gehts 1000 Meter runter, die vierte ist eben vom Grat zu betreten. Hotel Air de Deluxe.
Wir haben ne tolle Aussicht,... ...die Gäste der letzten Midibahnen auch, nämlich auf uns.
Wir genießen's mit gutem und viel (Jo besonders viel) Abendessen
Strahlendes Wetter am nächsten Morgen, nur wir sind zu faul zum Aufstehen und warten lieber auf die Sonne.
Lässt den Tag relaxt angehen: Jo
Unser Biwi Air de Luxe:
Die ersten Seilschaften am Midi-Plan-Grat
Also gut, irgendwann starten auch wir.
Eine nachfolgende Seilschaft ist früher aus ihrem Biwi weiter unten aufgestanden und kommt uns bedenklich nahe, wir haben schon Sorge daß die uns gleich fürchterlich verblasen werden!
Allerdings ist die Sorge unbegründet weil erstens die beiden Italiener im Eis nix drauf haben und zweitens wir sowieso schneller sind. Wer ko der ko, wer ned bleibt hinten.
Wirklich saugute Firn- und Eislängen!
Nach oben steilt's dann etwas auf...
Die Ausstiegswächte ist gleich zerhackt!
Hinten schaut die Prominenz raus: Der wahre Chef, Grand Jorasses mit Walkerpfeiler links im Profil. Hat schon was. Bleibt nur noch der Grat hinauf zur Midi-Seilbahnstation. Tourimässig aber knieschonend und ausserdem Mangels Alternative schweben wir mir der Gondel entlang unseres Aufstieges wieder zu Tal.
Unten gehts uns noch immer gut. Essen war mal wieder angesagt. Jo macht das eh gern. Ach ja, für ihn war's nicht nur seine Einstandstour in Chamonix sondern die erste vernünftige Hochtour überhaupt.
Facts Aig. du Midi "Frendopfeiler"
Schwierikeit: D+, Fels V+, Eis bis 82° (linker Ausstieg)
Länge: Ca 1.200 mtr, ca 20 SL je 60mtr Fels, 8 SL Eis
Absicherung: Wenn man auf der Route bleibt immer mal wieder Stände, sonst ist auch viel Eigeninitiative gefragt aber immer lässig. Einige Schlingen, 1 Satz Rocks, 2 mittl. und 2 kleine Friends, fürs Eis 6 Schrauben.
Zeit: Für Zweierseilschaft gut in einem Tag mit der ersten Bahn machbar, wenn bis UIAA IV seilfrei gegangen werden kann, Eis bis 50° seilfrei. Wir haben nur den unteren Teil seilfrei begangen und ab den Kaminen zur Gratkante hinauf durchgängig gesichert, dann nachmittags erhebliche Steinschlaggefahr im Eisteil, besser Biwi und in der Früh weiter.
Fazit: Unbedningt empfehlenswerte Tour.