Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Mittwoch, 10. November 2010

Ostalpen: Alte Wege und Moderne Zeiten

Wir mich live und in Farbe sehen will, am Donnerstag den 11.11.2010 gibt's eine gute Gelegenheit dazu!
Wo: Gastshaus Gartenstadt , München-Harlaching:
Wann: Donnerstag 11.11.2010, Beginn 19.00
Von der klassischen Watzmannüberschreitung, dem Baincograt und Bumillerpfeiler, Winterbegehungen von Jubiläumsgrat und Blassengrat bis Klettern am Schüsselkar, den Drei Zinnen (Hasse Brandler, Comici) und den Modernen Zeiten an der Marmolada gibt's Geschichte und Gschichtn, Bilder und Filme.
Der Eintritt ist frei.


Freitag, 15. Oktober 2010

Laliderer Spitze "Herzogkante"


Vor drei Wochen ist unsere Expedition zum Taboche  sang- und klanglos dahingeschieden. Blaue Tonnen,  ein Jahresvorrat Müsliriegel, Berge von Ausrüsteung und ein Loch in meinem Rücken sind die  übrig gebliebenen Zeugen. Übergossen mit einer anständigen Portion Frust und durchtränkt von der Frage wie das nun weitergehen soll mit der Bergsteigerei. Nicht nur der Skyrunner sah sich schneller als ihm lieb war damit konfrontiert, daß Wahrheit und der Umgang damit bisweilen eine schmerzhafte Angelegenheit sein kann.
Nach einem ersten Gehtest auf den Jochberg wagte ich mich schon mal auf's Hohljoch, die Lalis mal wieder anschauen und in Erinnerungen schwelgen. Drei Tage später die Lamsenkante unter die Füße genommen, ging erstaunlich gut, trotz allem.
Berni wollte mich in die Pfalz entführen, Frustkompensation. Aber da war das Wetter schlecht. Also hab ich ihn mit ins Karwendel genommen. Meine Frustkompensation: Rekonvaliszenswandern. Die Schmid/Krebs wollte Berni nicht mitmachen, aber die Herzogkante wär ok.
Egal, erstmal einen Ramazotti trinken, mit Eis und Zitrone. Manche Dinge ändern sich nicht und bleiben doch so gut wie immer.
Genauso wie Aufstehen. Das ist auch immer schrecklich. Es gibt Momente, da hasse ich diese Bergsteigerei aus tiefstem Herzen. Zum Glück dauert das nicht lang an. Und dann ist's auch gleich wieder unvergleichlich gut: Kleiner Mann, goßer Berg: Berni und die Herzogkante.
Draußen wabert der Herbstnebel durch die Täler, während wir unter den Lalis hinüber Richtung Falkenhütte tappen. Kurz beschleicht mich die Sehnsucht doch in die Krebsführe einsteigen zu wollen, wir könnten uns ja oben treffen. Ich mach's dann doch nicht. Kante mit Berni wird auch gut.

Die Idee, für das Einstiegsschneefeld die Steigeisen mitzunehmen, erweist sich als so dumm nicht. Ich erinnere mich daran, hier schon mal mit zwei Steinen als Pickelersatz hinaufgeschlichen zu sein.

Die Morgensonne wärmt die Leute auf der Falkenhütte,
wir ziehen die Schnürsenkel fest und nehmen die Kante unter die Sohlen.

Alter und neuer Stand zusammen: Ja, die Bühler sind seit vielen Jahren umgeschlagen, und ja, man kann sie fädeln, und vor allem immer wieder ja, diese blöde Diskussion, wie mies diese Aktion gewesen sei, und so gemein. Ich finde ja, daß die umgeschlagenen Bühler an der Herzogkante mittlerweile als historisches Zeitzeugnis von der Unesco als Weltkulturerbe unter Schutz gestellt werden sollten.
Egal, jetzt ist Klettern angesagt. Die erste Verschneidung ist so leicht auch wieder nicht, und mit den dicken Bergschuhen an den Füßen ist Konzentration angebracht, runterfallen kann man hier ganz prima, und auch recht weit.

Berni fasst mal die Kante an, denn festhalten ist besser als runterfallen.

Wir sind so mit der Kante beschäftigt, daß wir garnicht bemerken, daß wir plötzlich ganz wo anders sind:  Nein, nichtmal die Herzogkante ist noch das was sie mal war? Früher war das doch ganz anders hier.... Jedenfalls bin ich plötzlich irgendwo, wo ich noch nie war. Und diesen Turm umgeht man doch sonst auch rechts und nicht links, oder? Na egal, das Gelände ist halt mal unangenehm, kommt davon. Probieren wir eben 'ne Variante. Geht auch, nach dem Turm sind wir wieder auf der Route.


Kante ist gut, und wieder richtig.

Deutlich steileres Gelände und auch anhaltendere Schwierigkeiten als bei anderen Touren dieses Schwierigkeitsgrades machen die Herzogkante zu einem nicht zu unterschätzendem Unternehmen. Gerade deswegen ist sie ja so gut.

In den leichteren Passagen erinnert einen die Felsqualität schnell daran, wo man sich befindet. Zwar nicht zu vergleichen mit den Nordwandrouten neben an, aber auch hier ist längst nicht alles was wackelt dann auch fest.

Kurz vor Schluß wartet dann die beste Stelle der Kante: Schon der freie Blick in die Nordwand hat so was morbide-gruseliges an sich.

Ja, und richtig gut ist, daß der Aspirant dann auf schwindligen Trittchen sich hinausschieben darf, so richtig viel Luft unter seinen Sohlen, in Richtung der berühmten, überhängenden Rißverschneidung.


Aber so wild isses dann garnicht, und schwupps, schon bist Du drüben und drin in der Verschneidung.


 Ach ja, die miese, fiese, überhängende Stelle kommt ja jetzt! Die, vor der man schon den ganzen Tag hätte Angst haben können, die, von der ich schon gehört habe, sie sei nur mit Foothook zu bewältigen. Ich finde, daß bereits dieser Anglizismus eher in die Halle zu den bunten Griffen gehört als hierher. Was bleibt, ist eine der besten Kletterstellen der ganzen Kante: Fester Fels, gute Griffe, steil und luftig, Freude am Klettern!


Danach wirds in der Tat etwas brüchig, Karwendel halt. Und dann freut er sich, der Berni: Übers Oben sein, über die Kante, über sich selbst, über das Bergsteigen.


Ach ja, auf dem Weg zur Biwakschachtel kommen wir noch an der Steinbrücke vorbei, auf der der Buhl auch schon stand, mit 800 Metern Luft drunter: "Kimmscht?"
 Der Abstieg durch die Spindlerschlucht gibt den Touren an den Laliderern zwar nicht wirklich einen ernsteren Charakter, den haben sie für sich schon, vielmehr passt er einfach dazu. Herb-alpin.

Nicht alle Abseilstellen in der Schlucht sind schlecht.

Aber ein gewisses Maß an Fatalismus ist für einen schnellen Abstieg zumindest nicht hinderlich.


Die beinhart gefrorene Schuttreißn lässt uns für die Abschußkür nochmals zu ungeahnter Hochform auflaufen, B-Note 10.0!


Dann verschwindet die Kante im Herbstnebel.





Wie es aussieht war die Herzogkante nun erstmal meine letzte Tour. Ein Ausflug nach Arco eine Woche später endete  Montag auf dem OP-Tisch,
 einem neuen Loch in meinem Rücken, den selben Zweifeln und der schmerzheften Erkenntnis daß Wahrheit wenig beinflussbar ist.


Infos zur Tour: Topo Laliderer Spitze Nordkante "Herzogkante"





















Mittwoch, 4. August 2010

Ortler Hintergrat

 Alles nur Eis und Dreck und Stoana...
Letzte Woche auf der Franz Senn Hütte fanden sich zur Hochtourenausbildung ein paar wirklich nette und auch gute Leute zusammen, und so ging sich's aus an diesem Wochenende etwas gemeinsam zu unternehmen. Wetter- und Zeitplan verschlugen uns an den Ortler.
Mit dabei auch Flori aus unserem Forum.
Nach kurzem Hüttenzustieg zur Hintergrathütte haben wir die Königspitze vor Augen...
...und bald ein gscheites Mittagesse im Bauch. Mahlzeit!

Danach bleibt bis zum Abendessen noch genug Zeit zum Relaxen


Anderntags um halb fünf sind wir startklar
Noch im Dämmerlicht geht es hinauf zum oberen Knott.

Über das Firnfeld des oberen Knotts geht's zum ersten Grataufschwung

Bald kommt die Sonne raus und die erste Kletterstelle, gleich die Schlüsselstelle der Tour, was ob der mehr oder weniger souveränen Kletter- und Sicherungskunst der nicht unbedeutenden Anzahl von Ortleraspiranten zu einiger Wartezeit führt.




 
Danach lösen sich die Stauungen wieder auf, es geht so dahin, ned schwer, immer schön und luftig.

Bis zum kurzen Firnteil, der sich diesmal harmlos und gutmütig zeigt. Vorsicht ist dennoch geboten, unterm Schnee ist's blank. Seilschaftstürtze führen hier eher zu irreversiblen Mehrfachmortationen.


Nochmals ein kurzer Aufschwung mit anregender Kletterei, zunächst II-III, dann nochmals ein paar Meter III+



Tiefblick auf den Grat...
...vorne ist Oben!

Übers Ortlerplatt führt die Autobahn hinunter

Nochmal zurückgeschaut zum "Kini"...
...nach vorn geschaut der Weg zur Payerhütte.
Eine kurzweilige Blankeispassage führt bei manchen zu Entsetzen und wildesten Abseilmanövern, oder gibt einfach etwas Würze gegen die Abstiegslangeweile.
Nicht geglaubt mit den wilden Manövern?
Am Tabarettkopf noch nie gesehene polnische Sicherungs- und Abseilmanöver mit 6mm Hanfschnur (nicht gestellt)

Auf dem Weg erhaschen wir noch einen Blick in die derzeit recht unbekleidete Nordwand, auch irgendwie sexy, so blank und unverhüllt. Wär mal was für dicke Wadl, so ohne den so gepriesenen "Trittfirn"...
Und scho hammas wieder: Payerhütte, Schluß für heute. Flori gibt einen auf seinen bisher höchsten Gipfel aus. Und noch einen... Keine Bilder davon!
Am nächsten Morgen, nicht ganz so frisch, aber sehr gut drauf, während schon die Kartoffeln für die Mittagsgäste abdampfen,....
...machen wir uns auf den Weg zur Tabarettahütte.
Noch hinüber zum Langensteinlift und knieschonend obigschwebt.
An der Suldener Kirche schließt sich der Kreis. Wiedermal.
Alles nur Dreck und Eis und Stoana. Immer wieder. Und doch haben wir unsere Leben wieder angefüllt mit einem wunderbaren Abenteuer im Gebirge - und noch mehr.


Facts Hintergrat:
Kombinierte Hochtour AD, Fels bis IV, Eis bis 40°

Talort: Sulden

Hütte: Hintergrathütte 2.661 m, Tel. 0039 0473 613188, Reservierung anzuraten
Von Sulden mit dem Langensteinlift hinauf (Letzte Fahrt 17.30, Mittagspause 12.20-13.30h) und in gut einer Stunde auf merkiertem Wanderweg zur Hütte.

Tourenbeschreibung Hintergrat:
Wecken auf der Hütte für Hintergrat 3.30h
Von der Hütte auf ausgetretenem Pfad entlang des Moränenrückens bis an die ersten Felsen. Rechtshaltend über leichten Fels hinauf in ein Schutt bzw Firnkar. Dieses hinauf, dann rechts eine steinschlaggefährdete Rinne nach rechts queren und über ´die rechte Seitenbegrenzung hinauf zum Grat. Links unterhalb des Grates auf guten Steigspuren das Ende der unten erwähnten Rinne queren und bald wieder nach rechts auf das obere Knott. Hier betritt man den eigentlichen Hintergrat. Auf dem leicht gangbaren Grat zum Firnfeld des oberen Knott und über dieses hinauf. Weiter über4 leichten Fels auf guten Trittspuren bis unter den ersten Aufschwung. Nun nicht den felsigen Aufschwung hinauf sondern links vorbeo zum Beginn einer abwärts führenden Rampe (BH). Die Rampe hinunter (bei Vereisung heikel) zu einem waagrechten Band (BH). Auf dem band wenige Meter um zum Fuß des so umgangenen, überhängend abbrechenden Turmes. Wenige Meter weiter zum nächsten Aufschwung (BH). Eine abdrängende Rißverschneidung hinauf (6 mtr IV, 3 H, 1 Drahtschlinge), dann leichter 10 mtr zu einem weiteren Riß (7 mtr III) auf den nächsten Turm (Stand an Köpfelschlinge, insgesamt 30 mtr).
In leichter Kletterei dem Gratverlauf folgen bis zum kurzen Firnfeld (40°, bei Vereisung heikel), dieses hinuaf an den beginn des nächsten felsigen Aufschwunges.
30 mtr in schöner Kletterei (II-III) hinauf auf einen Absatz. Von diesem linkshalten unter eine Verschneidung (1H) und diese entweder von links her (III) oder direkt etwas überhängend (VI) hinauf (1H) und links auf den Kopf des Turmes.
Ein kurzer Firngrat leitet zu den letzten , Die von links nach recht direkt zum Gipfelkreuz leiten.
Kletterzeiten:
Zum oberen Knott 2-3h
Zum beginn der Kletterei 0,5-1h
Kletterei (270 Hm) 2-3h
Insgesamt 4,5 - 7h, je nach Staulage

Abstieg:
Über das Ortlerplatt zunächst nach Süden, dann in weitem Rechtsbogen nach Westen (Beginn der Spalten) zur Biwakschachtel. Noch vor der Biwakschachtel ein oft Blanke Falnke hinunter, danach wieder im Rechtsbogen zurück zum Grat der zur Payerhüttte führt (Spalten).
Dem Grat folgen zu Ketten und diese hinunter (hier oft Stau). Dem Grat folgen, links einen Turm absteigen (hier leiten Steigspuren zu tief!) und rechts eine rinne hinab in die nächste Scharte. Kurzer Gegenanstieg und Payerhütte hinüber.
zeit vom Gipfel 2-3h plus Stau (nicht selten mehrere Stunden!)

Von der Payerhütte westlich weiter den Grat hinab bis sich der Weg (bezeichnet, "Sulden") wieder nach rechts wendet und durch die Nordflanke (bei Betrieb steinschlaggefahr) wieder ostwärts zu Tabarettahütte führt. Auf bezeichnetem wanderweg weiter unter der Nordwand hindurch zum Langesteinlift hinüber.
Payerhütte-Langensteinlift 2-2,5h, oder an der Moräne der N-wand gleich nach Sulden absteigen, falls der letzte Lift droht weg zu sein. Von der Weggabelung zum Lift 20-30 Minuten einplanen, also nach 17.00 wirds eng.