Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Sonntag, 28. August 2011

Aiguille de Grand Charmoz "Cordierpfeiler"

Woaßt scho, so mit Gletscher und so...

 Sebi und Ich sind schon einen Tag früher in Chamonix als geplant. Wir klettern vormittags die "Fin de Babylon" am Brevent (8SL, 8-) und treffen um zwei den Jo am Bahnhof in Chamonix. Plan?Wir haben vor, uns den Cordierpfeiler an der Grand Chamroz zu genehmigen. So können wir den Rest des Tages gemütlich mit Burgern und Bier verbingen, am nächsten Tag ausschlafen, Rucksäcke packen und Mittag richtung Biwakplatz wandern. Die Midi Bahn bringt uns wieder mal kräftesparend dafür finanzschwächend in die Höhe. Zwanzig Minuten später ist vom Bergtouristenrummel der Mittelstation nichts mehr zu merken und wir wandern über Morenenrücken hinüber zum Nantillionsgletscher. Ein perfekten Biwakplatz unter einem großen Granitblock, überdachter Platz für uns drei, damit ist die Sorge eines nassen Biwaks wegen der all abentlichen Gewitter auch erstmal aus der Welt.

Jo und ich beschliessen trotz erheblichen Bombardements vom oberen Nantillionsgletscher den Einstieg auszukundschaften und hechten im Laufschritt von Deckung zu Deckung hinüber Richtung Charmoz.
 Der Zustieg über den Nantillionsgletscher ist garnicht so unkomliziert und wir sind froh das schon mal ausgebouldert zu haben. Morgen kein Stress. Der Einstieg ist gut markiert, es hängen Schuhe, Eispickel und Steigeisen an einer Schlinge. Aha... wir machen uns so unsere Gedanken. Mittlerweile zieht unsympatisches Gewölk über Charmoz und Crepon, die unsere Gedanken über das fremde Material in den Hintergrund und den Wunsch möglichst schnell zurück zum Biwi zu kommen in den Vordergrund drängen.
 Auf halber Strecke befreit uns der Platzregen von allem psychischem Hin und Her, wir finden einen steinschlag- und regengeschützen Platz unter einem Block und können uns wieder den Gedanken an das fremde Material hingeben. Vielleicht kommt ja noch wer runter? Nein, eher nicht, wir haben den ganzen Pfeiler stundenlang mit dem Glas abgesucht und keine Bewegung entdecken können. Vielleicht vorgestern abend nach dem heftigen Gewitter ausgeflogen? Vielleicht.
Eine kurze Regenpause lässt uns das Rennen dem Grübeln vorziehen.
 Ganz so regensicher wie geglaubt haben war der Biwakplatz leider doch nicht, wie Sebi während unserer Erkundungstour festellen durfte. Zwar kann's uns von oben nicht anregnen, aber das Wasser auf dem Block rinnt an der Kante runter und tropft dort nicht ab sonder findet es wohl viel lustiger an der Unterseite unseres Daches entlangzukriechen um dann genau über den Schlafsäcken abzutropfen. Der Biwaksack soll Abhilfe schaffen. Tut er auch. Nass isses trotzdem schon.
 Aus purer Erfahrung wissen wir dass auf den Regen auch immer wieder Sonnenschein folgt. So sitzen wir und warten.
 Und tatsächlich, gerade noch rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang zeigt sich selbige nochmal, lässt die Bühne des morgigen Tages in bestem Licht erstrahlen.
 Bergsteigen kann ja so geil sein!
 Die Aiguille de l'M glüht nochmal auf,
 dann glüht meine Stirnlampe und macht ein schönes Bild zur perfekten Lachnummer. Der Wein war trotzdem hervorragend.
 Neuer Tag. Im Dunkel über Blöcke hetzen, die Geschosse haben SUV-Größe. Jetzt ernten wir den Lohn für die gestrige Erkundungstour. Zwei Seilschaften huschten während des Frühstücks an uns vorbei, beim Hellwerden stehen sie irgendwo, meilenweit vom Einstieg entfernt, auf dem zerissenen Nantillionsgletscher und ziehen unverrichteter Dinge wieder ab.
 Ich überwinde den Bergschrund an der zweitbesten Stelle, was uns zu einer ziemlich blöden, umständlichen, ...(deleted)... Seillänge zwingt. Dann sind wir bei dem Gerödel. Hängt also immer noch da.
 Und schon wieder ist es so: Die erste "richtige" Seillänge ist gleich mal nicht so einfach, von der Sorte unangenehmer Sechser. Das ist gut, denn für unangehme weiterführende Gedanken an das Zeugs das da am Einstieg baumelt ist schon wieder kein Platz im Hirn.
 Die Kletterei ist saugut, es finden sich meist ganz gute Stände, dazwischen ist viel Eigeninitiative oder einfach Wegsteigen angesagt.
 Je mehr Höhe wir gewinnen, um so besser wird's! Chamonix-Granit vom Feinsten:
Verschneidungen,  Risse in allen Variationen: Breite, Schmale, Gerade, Geschwungene, Welche, die plötzlich mitten in den Platten aufhören...
Überraschend um ein Eck herum komme ich zu einem großräumigen Standplatz, wenige Meter entfernt liegen Seile, eine Rettungsdecke, ein mit einigen Friends hingepfriemelter Stand. Zeit, den Gedanken fertig zu denken: Die holen das Zeugs vom Einstieg nicht mehr.


 So etwa in der Mitte des Pfeilers durchzieht ein Band quer die gesamte Westwand der Aig. Charmoz. In den Beschreibungen sowohl des Piola- als auch des AV-Führers weicht die Route hier nach rechts aus, um über verhältnismässig leichtes Gelände den Gipfel von rechts her zu erreichen. Das ist völlig unlogisch, weil der Pfeiler ja gerade hinaufzieht und zudem beste Kletterei verspricht. Auch im Topo Guide ist das so beschrieben, auch wenn wir dieses Topo nur ansatzweise und mit viel Fantasie an dem Pfeiler wiedererkennen. Jedenfalls verfolgen wir den Pfeiler weiter.
 Die Kletterei wird nun deutlich steiler und auch anspruchsvoller, einfach abartig gut.
 Steile Verschneidungen bringen uns zur Headwall, einer mit genialen Rissen durchzogenen Riesenplatte. Nochmal zwei geniale Seillängen, die letzen von 28. Ganz oben wartet der mit Chickenheads gespickte Gipfelblock.
 Pünktlich trifft das Nachmittagsgwitter ein, als wir über einige Türme zum Carell traversieren. Hier beginnt die Abseilerei. Zuerst im Graupelhagel, dann im strömenden Regen, immer schön mit dem Krachen des Gewitters über unseren Köpfen. Das spornt uns durchaus an, Höhe zu verlieren, also Tiefe zu gewinnen, doch leider spottet die Beschreibung des Abstieges jeder Beschreibung.....
 So bringen wir etwa die Hälfte des Pfeilers hinter uns, da ist der Spuk endlich vorbei und -Westfpeiler sei Dank!- wir können noch in den letzten Sonnenstrahlen ein wenig Wärem tanken. Unterwegs sammeln wir die gefundenen Seile und am Einstieg das restliche Material der unbekannten Seilschaft ein um es bei der Alpin Gendarmerie PHM in Chamonix abgeben zu können.
 Im Biwak zurück sagen die Burschn daheim Bescheid, immerhin war's Sebi's erste richtgige Alpintour, woaßt scho, so mit Geltscher und so....
Die Schlepperei des fremden Materials hat uns übrigens zwei Flaschen Pastis und ein ehrliches Dankeschön beschert. Die beiden französischen Kletterer wurden wegen Wettersurtz zwei Tage zuvor ausgeflogen.

Freitag, 22. Juli 2011

Colodri "Zanzara"

Endlich wieder mal Arco, wir lassen's ziemlich ruhig angehen, mit Ausschlafen, CaffeeTrentino und nachmittags gschwind eine kleine Tour. Tyskiewicz, White Crack und Mescalito. Schon alles gute Routen, alles schon mal da gewesen, und es geht auch mit erfrorenen Füssen noch ganz gut.
Aber irgendwie muss noch was G'scheit's her, was Neues, das wir noch nicht kennen. Der Zanzara Pfeiler ist die erste Wahl. Soll ja recht knackig bewertet sein, und ob der reichlichen Begehungen des Klassikers auch schon recht benutzt. Mal schaun...
Von unten sieht das Teil schon mal steil und glatt aus. Wo? Einfach in der Bildmitte gerade hoch...
Die erste Seillänge ist mit 6a bewertet. Kam uns nicht so vor, vor allem rückblickend auf die Längen die weiter oben ebenso bewertet waren, aber sich als 'ne ganz andere Hausnummer rausstellten. Unser Vorschlag 5b, 25 mtr, 2 BH

Die zweite Länge startet noch ganz human.


Von oben betrachtet sieht man gut, es geht erstmal gemütlich über eine Platte richtung steil.


Und das wird's dann auch, und zwar ordentlich und noch dazu sind die Grifferl nicht so groß, aber dafür schon sehr benützt, um nicht zu sagen fatzenglatt poliert.

Da ist dann schon eher mal behertztes Hinlangen gefragt,

Zuballern nicht ausgeschlossen.
Und das soll 6b+ sein? Wir geben glatt 6c aus, 30 mtr., 7 angenehme BH

Die dritte Länge ist mit mit 7a+ angegeben. Wir sind gespannt. Ich guck mal.
Nach steilem Vorgeplänkel kommt ein ansteigender Linksquergang, wenige Griffe und noch weniger Tritte aber irgendwie schon saugut.
Von oben betrachtet offenbart sich's auch für den Nachsteiger als nicht ganz einfach.
Wir geben ebenfalls 7a+ aus, 30 mtr, 7 BH

Es folgt gleich wieder ein Quergang, diesmal nach rechts, lässt sich ganz gut an, es hat nette Schuppen,
 die dann dummerseise plötzlich ausgehen.

Mit Hilfe der 7 BH auf 18 mtr gibt Berni eine 6b/A0, ich frei eine strenge 7a aus.
Die fünfte Länge startet gerade in steiles Gemäuer, die Erstbegehr geben nochmals 7a aus. Gleich zu Beginn gibt's nen fiesen Aufrichter in glatter grauer Platte, es folgt steile und anstrengende Leistenkletterei in gelbrotem Fels, eisenfest und saugut.



Die Sonne knallt vormittags ziemlich auf den Pfeiler, am Stand ist's mir ordentlich warm. Die 7a haben wir als streng aber gerecht empfunden, 20 mtr mit 7 BH.
Bevor Berni in die Länge sechs startet genehmigen wir uns ne kleine Erfrischung. Zeitstress haben wir eh keinen, die tschechische Seilschaft vor uns ist auch nicht so schnell und auf ein Wettrennen mit Überholmanöver haben wir wenig Lust.

Berni startet, frisch gestärkt, die angegebene 6a kommt schon hin,
doch pötzlich wird's bissig und Berni muss richtig hinlangen. Wir geben 6b aus, 30 mtr, 7 BH. Die Länge führt auf die grosse Rampe.
Eine leichte Seillänge zum Ende der Rampe, und nicht wie im Topo beschrieben Stand am Baum, da war eh schon eine Seilschaft, die die Via Barbara unter die Sohlen genommen hatte, sondern an einem abstehenden Block noch wenige Meter hinauf zu Stand an geklebtem Ringhaken auf gemütlichem Absatz. 25 mtr, III und kurz 5b, 2 BH.

Von hier geht's weiter zum darüberliegenden Band, die Griffe sind hier sehr poliert und die Kletterei technisch anspruchsvoll. Die 6a der Erstbegeher können wir nicht nachvollziehen, unser Vorschlag für die 25 mtr 6b+, 7 BH
Vom Band gehts steil in die Platte darüber
Die Platte löst sich aber besser auf als es zunächst aussieht. Die vorgeschlagene 6b+ im Führer kam mir eher etwas leichter vor. 18 mtr, 7 BH.



Dafür ist die nächste 6b auch wirklich 6b, Berni legt statt on sight gleich mal 'n gscheiten Flug hin. Aha, da drüben wär 'n Griff gewesen. Jaja, Berni, wäre gewesen....

Den Stand nach der Länge gibt es nicht, es geht unter dem brüchigen Band gleich noch ein paar Meter nach rechts, die haben wiederum mit 6b nichts zu tun sondern sind 4.

Es folgt die vielleicht beste Länge des Pfeilers: Unten steil, dann filigranes Plattengetänzel und zum Schluss noch mal pumpig die letzten Meter zum Stand. Saugeil! 30 mtr. 9 BH, 6b+

Berni hat noch eine kurze rote Wandstelle 6a, dann legt sich's zurück und läuft im Vierergelände auf den Kopf des Pfeilers, insgesamt 45mtr mit 5BH.



So war's!

Freitag, 6. Mai 2011

Piz Palü "Spinaspfeiler" (Westpfeiler)

Rring..rring! Mittwoch Nachmittag im Büro, draussen scheint die Sonne, Rainer ist dran. Ob ich morgen Zeit hätte, er braucht für zwei Tage 'n Kletterpartner. Rring..rring, Anruf auf der zweiten Leitung. Rainer, gib mir fünf Minuten, ich ruf gleich zurück. Fünf Minuten später, wie ist der Plan? Spinaspfeiler, Donnerstag Nachmittag hin, Freitag wieder heim. Guter Plan, bin dabei!

Anderntags mittags starten wir, um drei sind wir am Parkplatz der Diavolezzabahn. Das Ganze fängt an sich zu einer kulinarischen Reise auszuweiten, nachdem wir auf der Fahrt schon brav Brezn, Salamisemmeln und Apfelschorle vom Plan "abgearbeitet" hatten beschließt Rainer das Programmangebot zu steigern. Guter Plan.



Dann konditionsuntauglich mit der Bahn auf die Diavolezza. Akklimatisiert bin ich eh nicht.


Auf der Terrasse gucken wir wie's am besten zu machen sei, mit dem Pfeiler.

 Irgendwie haben wir dieselben Ideen, es fällt also wenig Diskussionsstoff an, was uns mehr Gelegenheit bietet die Unterschiede der bayerischen (Parkplatz) und eidgenössischen (Terrasse) Hopfenkaltschalte zu ergründen.

Nicht dass jetzt ein falscher Eindruck entsteht, wir wissen schon dass wir nicht nur zum Trinken hergekommen sind!

 Es gibt ja schließlich auch noch was zu Essen....

Vorspeise,

Hauptgang...

und Nachtisch

Danach sind wir völlig platt.
Pfeiler?
What Pfeiler??

Nach hervorragender Nachtruhe und üppigem Frühstück stehen wir um sechs vor der Hütte und gehen die 250 HM über buckelpistenmässig eingefahrenes Gelände zum Gletscher runter. So langsam regt sich die erste Reue in mir. Wie soll ich da nachmittags wieder raufkommen, diese miesen 250 Höhenmeter? Mit dem Bauch?
Hab ich schon erwähnt dass es viel zu Essen gab?

Egal, jetzt zum Pfeiler hinüber und nauf. Das Gelände ist gutmütig, nix mit mühsam Spuren. Der Bergschrund erweist sich als harmlos und auch das darüberliegende Firnfeld bringt nicht die befürchtete Wühlerei.

Eine perfekte Firn- und Eisrinne bringt uns rechts der Pfeilerkante schnell höher, saugeil.
Schon früh können wir so die Pfeilerkante erreichen.


Gut für ne kleine Pause. Schließlich muss man ja auch mal was Essen. Riegel in der Tasche?


Ich rauch noch eine, Rainer macht sich über Kombigelände davon.


Wir erreichen so den rechten Rand der großen Eisflanke zwischen Bumiller- und Spinaspfeiler.


Anfangs etwas mühsam weil viel Schnee wirds nach oben unter dünner Schneeuaflage zunehmend blank.



So entschliessen wir uns für die letzten zwei Eislängen das Seil rauszuholen. Besser ist besser.
Noch drei Längen Kombi an der nicht so sehr festen Pfeilerkante...
...und schon sind wir oben. Cool. Esspause.

Der Grat vom Piz Spinas (Piz Palü Westgipfel) hinüber zum Hauptgipfel ist nochmal interessant und macht richtig Spaß. Haha, weil's nicht mehr bergauf geht.

Nach zwei kurzen Gegenanstiegen gibts am Ostgipfel endlich den verdienten Mittagsriegel.

Und weg...

Die 250 Meter zur Diavolezza hinauf waren übrigens garnicht so schlimm. Weil wir uns in weiser Voraussicht vorher nochmal gestärkt hatten.

In der Panoramascheibe nochmal das Tagwerk abgelichtet, das war's.