Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Dienstag, 6. März 2018

Eisklettern am Jochberg

Der Joe, der Jack und ich
Eisklettern am Jochberg ist für die Münchner Eiskletterer ja so eine Art Muss. Das führt nicht selten dazu, dass dann die eine (meist Rechtes Gully) oder sogar auch andere (irgendwas von dem anderen Zeugs halt) Route in so "Mal kurz vor der Arbeit"-, "in der Mittagbspause"-, "mal schnell noch nach der Arbeit"- oder "Nachtsprint"-Aktionen 'naufgepickelt wird. Praktisch fast immer alleine, auf jeden Fall aber ohne Gurt und Schrauben.
So, denkt sich jetzt nicht nur eine(r), die spinnen ja alle miteinander! Genau, recht er sie/er. Völliger Blödsinn, diese Aktionen. Und gefährlich obendrein! Ich seh' schon den mahnenden Zeigefinger der immer-alles-besser-wissenden Sicherheitsfraktion der diversen Netzwerke.


Also erst einmal wieder alles auf Null runter fahren und von vorne anfangen. Anfangen tut es meistens schon damit, dass eigentlich keiner weiß wo welche Route an diesem verflixten Jochberg zu finden ist. Und wenn man mal eine gefunden hat, wie heißt die dann? Jaja, er hat schon so seine Tücken, der Joe. Die hat er laut Angabe der Eisklettererfinder erst seit dem diese laschen Handschlaufen-Whimps die Rinnen bevölkern. Früher war das alles viel besser und ganz klar, was welche Route ist. Echt? Also seit ich den Joe-Berg (Dschoubäag) kenne hat noch nie einer genau gewusst welche Rinne wie heißt und wo die dann genau ist. Deshalb ist auch jeder immer was anderes geklettert und die Schwierigkeitsangaben gingen auseinander wie die politischen Grundeinstellungen der aktuellen Parteienlandschaft in unserem Lande. Einig waren sich erst alle, als plötzlich welche kamen, die sich zwar auch nicht auskannten, aber die Dummheit besaßen diese Unkenntnis durch öffentlich gestellte Fragen den Kracks als angreifbare Schwachstelle anzubieten (wie oft muss man diesen Satz lesen, bis man ihn verstanden hat?). Langer Rede kurzer Sinn: Alle sind doof, nur die einen glauben es verheimlichen zu können weil's ihnen peinlich ist und den anderen ist das halt einfach wurscht. Handschlaufen-Whimps oder Fuck-the-Leashes-Freaks, alle gleich.


Also, um die Sache einfacher zu machen: Vom Parkplatz aus kann man die meist besuchten Linien erkennen, wenn man weiß wo man hin schauen muss.

Das rechte Gully (blau) ist am schlechtesten zu erkennen, obwohl es die begehrteste Route ist. Das liegt daran, dass das Gully aus dieser Sicht größtenteils verdeckt ist. Die Verwirrung wurde leider nicht besser, als ein Übersichtsbild verbreitet wurde, in dem zwar das Gully erkennbar ist, das jedoch von einem völlig anderen Standpunkt aus aufgenommen wurde.
Etwas weiter Links ist bei gutem Eisaufbau ist die Linie  "Softeis" (rot) gut zu erkennen.
Wenn man genau hinschaut (Fernglas ist nicht schlecht), kann man auch den Eisaufbau im "Amphitheater" (gelb) sowie die "Säule" (gelb) sehen. Beides sind Bestandteile der "Via Classica" (schwarz).
"Rechte Rinne" oder "Übungsrinne": Diese ist noch rechts vom rechten Gully und nicht so empfehlenswert, der Eisaufbau meist nicht so gut wir im rechten Gully. Ist ebenfalls vom Parkplatz aus kaum zu erkennen. Wenn's gescheit steht findet man aber die Spuren dorthin ohne Probleme.
Ein weiteres hilfreiches Topo gibt's beim Franz
Zustieg: Vom Parkplatz den fast immer vorhandenen Spuren in das Bachbett folgen. Nach ca. 15  Min. kommt man rechts an den Einstig des rechten Gully. Einige Meter vorher zweigen manchmal Spuren zu einer flachen und relativ breiten Rinne ab, dies ist die Übungsrinne.
Im Bachbett weiter hinauf kommt man an einem recht auffälligem schönen Eisaufbau vorbei: Das ist die Route "Softeis". Diese endet aber im Nirvana bzw. es kann über Mixedgelände weiter oben die "Via Classica" erreicht werden.
Nochmals ca.  50 Meter weiter zieht rechts eine etwas unscheinbare Eisrinne hoch. Das ist der Beginn der "Via Classica".
Klar soweit?

Rechtes Gully:
Das rechte Gully besteht aus vielen kleinen Aufschwüngen mit mehr oder weniger langen Gehstrecken dazwischen. Im unteren Teil gibt ein paar Bohrhakenstände. Die Aufschwünge sind auf der leichtesten Linie mit max. WI 3 überwindbar und nicht höher als 12-15 Meter.



Man kommt also im Grad WI 2 mit einigen kurzen Stellen WI 3 gut das rechte Gully hinauf. Natürlich kann man die Stufen auch etwas direkter überwinden, dann kann man immer wieder im Grad WI 3 klettern.


Ganz oben kommt dann eine längere Stapfstrecke an deren Ende eine kurze Verschneidung mit meist trockenem und oft auch dünnem Eis wartet. Wem das zu heikel ist, der kann hier nach links ausweichen und sich die letzten Meter mit ein paar Latschen vergnügen. Die original Linie verfolgt die Rinne gerade hinauf und quert am Schluss von links nach rechts über ein kurzes M-Stück UIAA II zum Ausstieg.


Das ist schon fast turfig.
Via Classica:


Die Via Classica sieht zu Beginn recht unscheinbar aus. Eine Rinne mit kurzen Aufschwüngen bis max. WI 3 auf wenige kurze Meter leitet kurzweilig in das sogenannte Amphitheater.



Im Amphitheater wird es dann zum ersten Mal spannend: Je nach Eisaufbau stehen mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Alle Stufen haben zwischen 20 und 25 Meter. Ganz links kann man sich mit WI 3 hinaufpickeln, Mitte und rechts erfordern zwischen WI 4 und WI 5. Mal etwas leichter, mal auch schwerer. Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, das ganze Amphitheater rechst über Latschen zu umgehen. Das wird auch oft genug gemacht.



Gleich nach dem Amphitheater kommt nach einer kurzen Gehstrecke die Säule. Wenn sie so fett wie März 2018 da steht ist's einfach ein Traum sie zu klettern. Je nach Linie kommt man am billigsten mit WI 4 hinauf. Danach nochmal richtig viele fette Genussmeter.




Es folgt eine Stapfstrecke bis zum nächsten "Doppelstufe". Auch diese bietet wieder Genuss im kompakten Eis, einfachste Variante WI 3



Nun müht man sich leider ein etwas längeres Stück durch den Schnee die Rinne hinauf. Aber die Mühe zahlt sich aus, wartet doch nochmals eine kompakte Stufe. Wieder Minimum WI 3.
 



Am Ende der Stufe ist nochmals Konditions-Stapfen angesagt, um zu einer letzten, sehr kurzen Stufe zu kommen. Links oder rechts ist hier egal, es kommt oben wieder zusammen.



Nochmals wird für die 8000er trainiert, bis die Rinne zu Ende ist und man am Gatter des Normalweges in der Sonne steht.

Grundsätzlich kommt man in der Via Classica mit viel WI 3 und etwas WI 4 hinauf. Viel schöner wird es, wenn man etwas mehr Luft hat und nicht immer die aller leichteste Linie klettern muss. Dann erhöhen sich die Anforderungen auf viel WI 4 mit Passagen WI 3. Wer sich konsequent das Schwere raussucht, findet viel WI 4+ mit etlichen Metern, die auch (teilweise, z.B. im Amphitheater) mal deutlich schwerer ausfallen können. Rundum eine klasse Sache. Allerdings schon ganz deutlich ernster als das rechte Gully.







Solo und so...


Jaja, die Freaks. Am Joe gibt's die praktisch im Family-Pack. Grundsätzlich eignet sich das Gelände ja auch dazu: Das rechte Gully ist echt ein gutes Training für so was, und man kann meist auch gar nicht soooo weit runter fallen. Aber ein paar Dinge könnte man sich mal durch den Kopf gehen lassen:

Der Joe stirbt von oben: Soll heißen, unten oft noch fett und dick und oben nix mehr. Der Fön ist schuld dass das so ist.

Scheiße ist's meistens da wo's leicht aussieht: Die Stufen stehen meistens gut und sind unproblematisch für den Solisten. Blöd ist's oft da, wo es vom Steilen ins Flache geht, weil da ist dann nix mehr. Und das ist dann schon mal nicht sehr lustig.

Was ok ist und was einfach nur blöd: Cool sein ist ok. Cool sein ist grenzenlos blöd. Wo der Unterschied ist? Keine Ahnung...

Hilfreiche Gedankengänge: Der beste Weg für's Solo-Gehen ist bei Weitem oft nicht der leichteste!
Vorher ist's immer ein Eiertanz mit nagenden, Zahnweh-ähnlich-bohrenden Zweifeln, hinterher ist's immer total cool gewesen. Was stimmt nun?
Was meistens nie stimmt, ist der ganze Schwachsinn, der in irgend welchen sozialen Netzwerken (ein Widerspruch in sich: Wenn ich mir das dort Geschriebene so durchlese, was ist daran noch sozial???) gepostet wird. Ein paar eigene Gedanken machen, statt des Konsumierens fremden und häufig zweifelhaften Gedankengutes unbekannter Herkunft kann hier eine Entscheidung erleichtern. Magengrimmen und Zweifel werden immer bleiben.


Der Joe

Er ist mein Lieblingsberg, der Jochberg! Ich hab keine Ahnung, wie oft ich schon oben war. Immer als erstes wenn ich verletzt war. Bei Regen, Schnee, Sonne, Sturm, gut drauf, schlecht drauf. Aber eins ist sicher: Nur ganz oben ist wirklich oben! Im Traum würde es mir nicht einfallen, nach einer Kletterei ohne Gipfelbesuch einfach wieder runter zu gehen. Obwohl, letztens hätte ich's fast gemacht. Dann aber zu Glück doch nicht. Und dann bin ich wieder oben: Mal ganz allein, mal mit Freunden, mit Fremden und manchmal ganz allein zu dritt: Der Joe, der Jack und ich.


Auch lesenswert: Lebenszeichen

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank! Super! Das Panico-Topo ist einfach nutzlos wenn man am Parkplatz steht :-)

Anonym hat gesagt…

Gerne wieder mehr Beiträge :-)


Schön hier wieder was zu lesen. Die Berichte über abenteuerliche Touren sind sehr inspirierend und immer seltener zu finden. Gerne auch nur kurze Beiträge falls dich das motiviert mehr zu veröffentlichen.


Gruß Thomas