Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Donnerstag, 11. September 2014

Planspiele: Aguille Noire Südgrat

 
 
 
 
Der Südgrat der Aig. Noire ist schon ein echter Brüller, und je eingehender man sich damit befasst, um so größer, steiler und auch schöner wächst dieses Trumm Stein in den Himmel über dem Monarchen. Dabei ist es nur der Auftakt zum Weg auf dessen Haupt, dem Peuterey Integrale.
Letztes Jahr waren wir schon einmal hier. Allerdings brachen wir unseren Versuch ziemlich abrupt in der Scharte nach der Point Welzenbach ab: In der Nacht hatte sich der oberste Teil der Südwand recht eilig und mit lautem Getöse hinunter in den Feuileton des Allemands aufgemacht. Der oben gebliebene Rest hörte nicht auf mit Steinen hinterher zu werfen. Als dann auch noch bereits um Acht Uhr in der Früh die ersten Gewittertürme nach oben schossen, haben wir uns entschieden, lieber auf dem schnellst möglichen Wege von dort zu verschwinden: Nix wie weg und zwar schnell!
Allerdings brachte uns dieser Versuch doch eine Menge nützlicher Erfahrung und Infos: Zum Beispiel dass wir zu langsam waren, weil wir unbedingt mit den Bollerschuhen klettern wollten. So ein Schmarrn. Ein weiteres, nicht zu verachtendes Detail: Wenn man alle greifbaren Routenbeschreibungen zusammenwirft und richtig wieder zusammensetzt hat man eine kleine Chance die eine oder andere Kletterstelle wieder zu finden. Es ist allerdings auch gut möglich eine völlig falsche Beschreibung zusammen zu stopseln. Da wird zum Beispiel in einem sehr beliebten Buch mit vielen schönen Topos schon mal ganz locker die linke mit der rechten Gratseite verwechselt, hier eine oder auch mehrere Seillängen weggelassen und dafür an anderer Stelle einfach wieder dazu gebastelt.
 
 
All das und noch viel mehr ließen wir einfließen in unsere Planung. So sitzen wir diesmal im 911er im Val Veny, der Blick durch die Dachluke über meinem Bett streift vom Vorbau des Noire Südgrates bis hinüber zur Südseite der Grand Jorasses. Jo lässt sich's schmecken.
 

 
Wir planen, was wir dieses mal anders machen wollen: Diesmal besser mit Kletterschuhen, und zwar gleich von Anfang an. Auch die Nacht auf der Borelli Hütte wollen wir uns sparen. Lieber noch ein Stück hinauf zu den Biwakplätzen unter der Point Bifide. Mehr Wasser mitnehmen als letztes mal. Je mehr wir besprechen, um so klarer werden die Formen unseres Planes. Die Ausrüstung, wie viele Riegel für wie viel Zeit, an welchem Tag wollen wir was essen und und und. So ein Plan ist eine faszinierende Sache: Man wirft ihn sich gegenseitig immer wieder zu, jeder verändert etwas daran, und plötzlich entwickelt der Plan sein eigenes Leben: Er passt sich immer mehr den wahrscheinlichsten Szenarien an, er verändert dein Denken und Empfinden, und dann ganz plötzlich diffundiert er hin zur Realität: Um halb acht laufen wir gemütlich los.
 
 
 
Wir lassen uns Zeit, sammeln unterwegs noch einige Kristalle ein, genießen die Morgenstimmung über dem Val Veny. Beim Planen haben wir grammweise das Gewicht reduziert, und jetzt stopfen wir uns fast Kiloweise Steine in die Taschen. Logik geht anders. Trotzdem sind wir schon nach knapp zwei Stunden an der Borellihütte. Wir lassen sie rechts liegen und gehen den Feutillon des Allemands hinauf. Nach einem Frühstück in der Morgensonne steigen wir schon um halb elf ein.
 



 
Die Kletterei geht mit den Kletterschuhen schon viel besser als mit den Bollerschuhen. Wir klettern gleichzeitig und fühlen uns wohl dabei. Klettern und ratschen, einfach so dahin steigen. Herrlich! Mittags erreichen wir die Biwakplätze unter der Point Bifide. Letztes Jahr waren wir etwa zur selben Zeit hier, allerdings sind wir da um drei Uhr an der Borellihütte aufgestanden. Wir sollten heute noch locker zum unserem Biwakplatz vom letzten Jahr auf der Point Welzenbach kommen. Also weiter!
 
 
Vor dem Gipfelaufbau der Point Bifide beschließen wir uns doch mal anzuseilen: Sonst machen wir das heute gar nicht mehr, und wir wissen dass uns schon noch ein paar schwerere Seillängen erwarten.
 
 
Trotzdem kommen wir recht gut voran und erreichen kurz vor fünf den Biwakplatz unter dem Gipfel der Point Welzenbach.
 
 
Der Abend wird gemütlich. Die Nacht leider nicht so: Es graupelt und alles wird nass. Mich friert's schon erbärmlich. Dem Jo geht's nicht besser. So kommen wir am nächsten Tag auch nicht so wirklich früh weiter: Wir trocknen erst einmal die feuchten Sachen in der Morgensonne.
 
 
 
Dafür können wir die Kletterei auf den nächsten Turm in der Sonne genießen. Leider hüllt sich auch heute die Noire bald wieder in Wolken, und so sollten es die einzigen Sonnenstrahlen bis zum Abend bleiben.
 
 
Die Kletterei ist trotzdem gut, wird immer steiler und aufregender. Etwas kalt halt ohne Sonne.
 
 
Da wir nicht sicher sind auf dem Gipfel der Noire noch gute Biwakplätze zu finden, bleiben wir kurz unterhalb des letzten Turmes, da gibt's zwei schöne Liegeplätze für uns!
 

Kalt ist's schon, aber diese Nacht wenigstens trocken.

 

 


 
Am nächsten Morgen erwarten uns nur noch zwei leichte Seillängen und ein fieser Riss auf den Gipfel des letzten Turmes.
 
 
Der Blick zur Südflanke der Aig. Blanch macht uns die Entscheidung leicht: Bei diesen Verhältnissen schaffen wir es kaum schnell genug bis auf den Mt. Blanc. In zwei Tagen sind -12° Mittagstemperatur auf 4.500 mtr. voraus gesagt, und danach Schneefall. Genau da wären wir auf dem Weg zu Gipfel. Zu kalt, zu viel Risiko. Auf der Nordseite hat die Jorasses inflationär gute Bedingungen, die Colton Mc Intire bekommt in zehn Tagen mehr Begehungen als sie bis dahin überhaupt hatte. Für unser Vorhaben hier auf der Südseite sind die Verhältnisse mehr katastrophal denn inflationär. Schade.
 
 
Der spannendste Teil des Tages kommt erst noch: Der Abstieg durch die Südflanke und den Ostgrat.
 
 
 
Zum Teil recht heikle Abkletterei in steilem Bruchhaufen. Abenteuer pur.
 
 
Weiter unten gibt's ein paar Abseilstellen, aber auch die wollen erst einmal gefunden werden.
 
 
Das Material ist auch nicht unbedingt ganz taufrisch. Eine Prise Fatalismus schadet hier nicht. Zu viel davon macht den Abstieg allerdings auch gleich wieder fatal.
 
 
Nach sechs Stunden haben wir wieder festen Boden unter den Füssen und sind auch ganz froh drum.
 
 
Anderntags lassen wir's uns -wie könnte es auch anders sein- schon wieder gut gehen. Ein Topo ist bereits skizziert, auch vom Abstieg, und wartet nur noch auf die Ausarbeitung. Dann natürlich mit genauer Beschreibung hier.
 
 
 


 
 


 

 

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