Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Freitag, 10. April 2009

DEMO: Gletscherseilschaft, Spaltenbergung Lose Rolle (Spaltensturz)

Kommt es während einer Gletschbegehung zu einem Spaltensturz, ist die Bergemethode "Lose Rolle" oft die einzige Möglichkeit, den Verunfallten schnell wieder ans Tageslicht zu befördern.

Wir seilen immer an, sobald Spaltensturtzgefahr besteht: Bei verspaltetem und schneebedecktem Gletscher.

1.) Material: In der Gletschseilschaft braucht jeder

  • 1 Pickel
  • 2 Safebiner (Verschlusskarabiner System Ball Lock oder Belay Master, egal welche Form)
  • 1 Normalkarabiner
  • 1 Kurze Prusikschlinge (6mm, ca 100 cm) = Modul 1
  • 1 Mittellange Prusikschlinge (6mm, ca 150 cm) = Modul 2
  • 1 Helm

2.) Seilschaftsaufbau:

2.1 Karabiner:

Auf dem Gletscher verbinden wir uns mit dem Seil, um nach einem etwaigen Spaltersturz den Totalabsturz des Verunfallten zu verhindern und ihn wieder aus der Spalte bergen zu können. Dazu müssen alle so mit dem Seil verbunden sein, dass diese Verbindung auch wieder gelöst werden kann. Direktes Einbinden ins Seil fällt somit aus. Die Verbindung wird mit einem Karabiner hergestellt und ist dadurch jederzeit lösbar ist. Die Verbindung ist:
A) überlebenswichtig und
B) ständiger Be- und Entalsung ausgesetzt.
Daraus folgt:
A) Ein Verschlusskarabiner wird benötigt
B) Ein Schraubverschluss ist durch die ständige Be- und Entlastung nicht ausreichend: Entweder einen Normalkarbiner gegengleich dazu oder am einfachsten einen Safebiner verwenden (Belaymaster, Ball Lock). Die Bauart (HMS opder D-Form) ist egal.

2.2 Knoten:

  • Zum Einbinden ins Seil über den Safebiner und für die Bremsknoten verwenden wir den Achterknoten.
  • Für die Bergung benötigen wir den Prusikknoten.
  • Für die Module den Sackstich 

2.3 Seilschaftsaufbau, Abstände, Restseil

Um unsere Gletscherseilschaft aufstellen zu können, müssen wir uns zunächst Gedanken über den Abstand der Seilfatsmitglieder untereinander machen. Kriterien, die den Abstand definieren, sind:
  • Geländesteilheit und -beschaffenheit.
  • Anzahl der Seilschaftmitglieder
  • Länge des Seiles
Je steiler und schwieriger das Gelände (z.B. harter Firn, grundloser Pulver)  ist, um so länger sollten die Abstände der einzelnen Personen zwischeneinader sein, um im Fall eines Spaltensturzes mehr Bremsweg zu haben. Je länger die Abstände, desto umständlicher ist die Seilschaft jedoch.
Die Abstände werden andererseits durch die Länge des Seiles und die Anzahl der Personen bestimmt. Eine größere Anzahl der Personen wirkt sich dabei vorteilhaft aus: Es stehen mehr Personen zum Halten und Abbremsen des Strurzes zur Verfügung, der Bremsweg wird also kleiner.

Restseil: Für die Bergung mittels Loser Rolle wird hinter dem Seilschaftsletzten nochmal so viel Seil benötigt wie der Abstand der Seilschaftsmitglieder zueinander. Das Seil wird also in gleiche Teile abgemessen, gleich viel Teile wie Seilschaftsmitglieder. Da jedoch nur der Seilrest nach dem Seilschaftsdritten von Bedeutung ist, kann das verbleibende Restseil hinter dem Seilschaftsletzten bei ansteigender Teilnehmerzal auch gegen Null gehen, dann wird das Seil in gleiche Abstände geteilt, und zwar ein Teil weniger als Teilnehmer.
Beispiele:
  • 2er Seilschaft: 15 - 30 mtr, Bremsknoten alle 1,5 mtr
  • 3er Seilschaft: 10 -12 mtr, bei schlechten Verhältnissen oder im Abstieg Bremsknoten alle 1,5 mtr
  • 4er Seilschaft: 8 - 10 mtr, keine Bremsknoten nötig
  • 5er Seilschaft: 7 - 8 mtr, keine Bremsknoten nötig


Seilschaftsaufbau: Wenn das Seil länger als benötig ist: Abschneiden, sagt der Mann mit zu viel Geld. Alle anderen machen's besser so: Seilmitte finden, und von hier aus aufbauen. Beispiel: Dreierseilschaft, normale Verhältnisse, 60 mtr Seil steht zur Verfügung, wir machen 10 mtr Abstände.
  • Seilmitte finden
  • Achter für Mittelmann machen
  • 10 Meter nach beiden Seiten abmessen, jeweils einen Achter für Führungs- und Schlussmann machen
Beispiel wie oben, aber Viererseilschaft:
  • Seilmitte finden
  • Je 5 Meter in jede Richtung abmessen, Knoten für Seilschftszweiten und Seilschaftsdritten machen.
  • Nochmals 10 Meter richtung Seilenden abmessen und Knoten für Seilschaftsersten und Seilschaftsletzten machen.
Das jeweils übrig bleibende "Restseil" wird als Seilpuppe aufgenommen und beim Seilschaftsersten bzw Seilschaftsletzten verstaut.

Nun können  wir unsere Seilschaft ausstellen, und zwar bevor wir ins verspaltete Gelände kommen. Wir haben nun Einen, der vorne ist: Der "Seilschaftsführer", der auch als weibliche Person der Seilschaftsführer bleibt. Er oder Sie erhält bei der Spaltenbergung den Titel Position 1. Der Nachfolgende heißt Position 2. Der Letzte in der Seilschaft heißt Position 3, es ist dabei egal ob noch weitere Personen zwischen Position 2 und Position 3 in der Seilschaft sind. Bei einer Zweierseilschft übernimmt der Zweite Position 2 und Position 3.
Es ist durchaus sinnvoll, das Modul 1 bereits jetzt mittels Prusikknoten ins Seil zu knüpfen, und zwar vom Einbindeknoten aus gesehen in Richtung Position 1. Fertig? Dann kann's jetzt losgehen!

3.) Spaltensturz, Lose Rolle

In der Regel wird der Seilschaftsführer (Position 1) in eine Spalte stürzen. Sollte der seltene Fall eintreten, daß eine andere Person in eine Spalte fällt, ist die Bergung mittels Loser Rolle nicht möglich und meist auch nicht nötig. Der Spaltensturz eines Seilschaftsmitgliedes aus der Mitte der Seilschaft wird mittels Mannschaftszuges bzw Selbsbergung behandelt (jeweils eigenes Thema).

  • Positions 1 verschwindet in einer Spalte. Die übrigen Seilschaftsmitglieder werden meist zu Boden gerissen und Richtung Spaltenrand gezogen. Sie müssen den Sturz, am besten mittels Rettungsgriff abbremsen.
  • Ist die Seilschaft zum Stillstand gekommen, schafft Position 2 einen Fixpunkt. Bei wenig Schnee kann eine Eisschraube gedreht werden, sonst wird ein T-Anker (auch toter Mann) gegraben.



  • Alle Peronen hinter Position 2 halten während dessen die Last des Gestürtzten. Um für das Graben des T-Ankers mehr Bewegungsfreiheit zu haben, kann Position 2 das Modul 2 mittels Prusikknoten ins Seil küpfen und diesem gesichert arbeiten.


  • Voraussetzung dafür ist, daß die Seilschaftsmitglieder hinter Position 2 die Last des Gestürtzten solange alleine halten können. Bei einer Dreierseilschaft ist das dann Position 3 alleine!

  • Arbeit Position 2: Ist der Fixpunkt geschaffen, hängt Position 2 den Einbindeknoten oder, falls dieser nicht in der Position dazu ist, das Modul 1 mittels Verschlusskarabiner in den Fixpunkt ein.


  •  Es flogt der Lastwechsel: Auf das Kommando "Lastwechsel" von Position 2 wird die Last des Gestürtzten langsam auf den Fixpunkt übertragen, bis die ganze Last auf den Fixpunkt übertragen ist und die restlichen Seilschaftsmitglieder frei beweglich sind.

Nun wird, falls nicht gleich geschehen, der Einbindeknoten von Position 2 in den Verschlusskarabiner des Fixpunktes eingehängt. Position zwei ist über sein Modul 1 selbstgesichert. Das Seil hinter dem Fixpunkt ist entlastet.

  • Arbeit Position 3: Bisher hat der Schlussman den Gestürtzten gehalten.

  •  Nach erfolgtem Lastwechsel ist er nun frei Beweglich. Er klingt den Einbindeknoten aus dem Safebiner und entfernt den Einbindeknoten aus dem Seil. Gesichert ist er über das Modul 1.

 Nun bewegt er sich richtung Fixpunkt, dabei entfernt er alle etwaigen Bremsknoten aus dem Seil.

Alle Personen zwischen Position 2 und Position 3 tun dies simultan. Dabei bleibt das Seil zum Fixpunkt immer gestrafft, das Modul 1 wird mitgeschoben und dient als Selbssicherung. Nun ist Position 3 (und alle anderen Personen zwischen 2 und 3) am Fixpunkt angelangt. Sie stellen sich am gestrafften Seil in Richtung Spaltenrand auf. Position 3 ist so dem Spaltenrand am nächsten, wobei das Seil Richtung Fixpunkt immer gespannt bleiben kann.Das freie Seilende hinter Position 3 verbleibt bei Position 2 (und den übrigen Seilschaftsmitgliedern) beim Fixpunkt.

  • Nun bewegt sich Position 3 während er sein Modul 1 als Sebsicherung mitschiebt zum Spaltenrand.



  • Seilverlauf: Ein Seilstrang verläft aus der Spalte zum Fixpunkt. Dies bezeichnen wir nun als Lastseil. Ein weiteres Seil verläuft vom Fixpunkt zu Position 3 am Spaltenrand. An diesem Seil ist Position 3 sowie alle übrigen Seilschaftsmitglieder mittels Modul 1 selbtgesichert. Ein drittes Seilstück verläuft von Position 3 am Spaltenrand zurück zum Fixpunkt (Seilende). Dieses Seil wird später zum Gesürtzten abgelassen und heisst Zugseil.
  • Am Spaltenrand: Position 3 nimmt Kontakt zum Gestürtzen auf. Frage: "Können wir mittels Loser Rolle bergen?" Dazu muss der Gestürtzte ansprechbar, im Besitz seiner geistigen Kräfte (Frage: "Wo sind wir? Was ist passiert? Welches Datum haben wir?") und fähig sein, den Karabiner für die Lose Roller einzuhängen.


  • Spaltenradn säubern: Position 3 befreit den Spaltenrand von Schnee und Eis, nicht ohne den Gestürtzten vor herabfallendem Eis und Schnee zu warnen.
  • Zugseil herablassen: Position 3 klinkt einen Verschlusskarabiner in das Seil zwischen Modul 1 und dem Seilende das am Fixpunkt bei Position 2 ist.

Er lässt den Karabiner in die Spalte ab. So entseht eine lange Seilschlaufe zum Gestürtzten.

 Sobald der Karabiner den Gestürtzten erreicht hat, hängt dies ihn in seinen Gurt ein, dort, wo er bereits eingebunden ist. Ist der Karabiner eingehängt, teilt der Gestürtze dies mit.
  • Pickel platzieren: Damit sich das Seil während der Bergung nicht in den Spaltenrand einschneidet, platziert Position 3 seinen Pickel am Spaltenrand, über dessen Schaft dann das Seil laufen kann. Damit das verletzungsträchtige Eisgerät nicht aus Versehehn in die Spalte abtaucht und dort dem Gestürtzten noch zusätzliches Leid zufügen kann, muss der Pickel gesichert werden: Modul 2 wird mittels Prusikknoten in das Zugseil geknüpft. An einem freien Ende des Moduls 2 wird der Pickel gesichert.



  • Rücklaufsperre: Falls während des Aufziehens das Zugseil losgelassen würde, müsste der Gestürtzte gleich nochmal soweit fallen, bis er wieder im Lastseil hängt. Um dies zu vermeiden, bauen wir eine Rücklaufsperre: Das noch freie Ende des Moduls 2 (das andere dient bereits als Pickelsicherung) wird mit einem Sackstich versehen und mit einem Normalkarabiner in das Modul 1 eingehängt.

  • Aufziehen: Nun können wir mit dem Aufziehen des Gestürtzten beginnen -im phsikalischen Sinne! Alle Personen außerhalb der Spalte ziehen auf das Kommando Ho-Ruck am Zugseil. Position 2 muß dabei den Prusikknoten des Modul 2 immer Richtung Spaltenrand schieben (Rücklaufsperre). Der Gestürtzte kann am Lastseil mitziehen. Sobald der Gestürtzte den Spaltenrand erreicht hat, hilft ihm Position 3 diesen zu überwinden. Alleine wird er das meist nicht schaffen. Es wird nur auf das Kommandeo von Position 3 gearbeitet!


  • Übgerwindung des Spaltenrandes: In der Regel kann der Gestürtzte den Spaltenrand nich alleine überwinden, da er ja nur durch ein Lochj im chnee in die Spalte abgetaucht ist und nicht, wie im Beispiel der Trockenübung, in eine offene Spalte gesprungen ist. Er ist auf die Hilfe von Positiopn 3 angewiesen. An dieser Stelle ist es besonders wichtig, dass ausschließlich auf Kommando von Position 3 gezogen wird.

  • Gemeinsam zum Fixpunkt: Position 3 sammest seinen Pickel wieder ein und geht Richtung Fixpunkt, dabei schiebt er sein Modul 1 mit.Der Gestürtzte -jetzt Geretteteter- geht hinter ihm, das Lastseil wird von Position 2 weiterhin eingehlt und somit straff gehalten. Der nunmehr Gerettete schiebt während er mit Richtung Fixpunkt geht, den Prusikknoten des Moduls 2 (Rücklaufsperre) vor sich her.
4.) Wieder vereint, Aufstellen der Seilschaft: Alle befinden sich nun am Fixpunkt.

4.1 Aufstellen der Seilschaft, Position 1 Seilschaftsführer:
Der Gerettete wandelt sich wieder zum Seilschaftsführer, jedoch immer gesichert: Er schiebt sein Modul 1 bis zum Fixpunkt. Nun enfernt er sich, während er Modul 1 mitschiebt, bis das Seil zwischen ihm und Fixpunkt gestrafft ist.

4.2 Aufstellen der restlichen Seilschaftsmitglieder:
Vom Fixpunkt (Position 2) wird der Abstand zum nächsten Seilschaftsmitgied abgemessen und ein Achter ins Seil geküpft. An Modul 1 gesichert geht der nächste nach Position 2 zurück zu seiner ursprünglichen Position, Modul 1 schiebt er mit. Bei seinem Einbindeknoten angekommen hängt er diesen wieder einen seinen Safbiner ein. Eine Dreierseilschaft ist bereits jetzt aufgestellt.
Position 3 eine Viererseilschaft folgt nun, ebenfalls immer an Modul 1 gesichert, nimmt ebenfalls seine ursprüngliche Position wieder ein und verbindet sich mit dem Seil (Achter in Safebiner).

5.) Auflösen des Fixpunktes
Erst wenn alle Seilschaftsmitglieder wieder aufgestellt sind und das Seil gestrafft ist, kann Position 2 den Fixpunkt auflösen, den Achterknoten wieder in seinen Safebiner klinken. Nuin ist die Seilschaft wieder aktionsbereit. Nichts vergessen, nicht leiegen gelassen? Pickel wieder ausgegraben, Schraube ausgedreht? Dann kann's ja weitergehen. Dabei nach Möglichkeit nicht gleich wieder in die selbe Spalte fallen.

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