Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Dienstag, 20. Juli 2010

Grundschartner Nordkante

Spätestens durch Walter Pauses "Im extremen Fels" kam die Grundschartner Norkante zu Ruhm und Ehre. Als eine der leichteren Routen aus der "Pause-Bibel" stand und steht sie immer noch hoch im Kurs, immerhin eine "machbare" Tour aus diesem Buch, ist ja nur'n Fünfer....
Die Facts außenrum lassen aber doch so manche Bewerber frühzeitig abblitzen: 1.500 Hm Zustieg, die Übernachtungsmöglichkeit auf der Bodenalm ist nur was für Weicheier die's in einem Tag ned schaffen, und Weicheier werden mit ihrem ganzen Biwakgerümpel schon am Zustieg zur Kante, immer noch 1.000 Hm ab der Bodenalm, eingehen; ganz abgesehen davon, daß eine Übernachtung im cm hohen Mäusedreck eh nix für Weicheier sondern nur für harte Alpinisten ist, und die gehen's allemal vom Tal aus. Also nix für Weicheier. So schauts aus meine Damen und Herren!

Also haben der Jo und ich uns im Gashof Häusling einqartiert, das ist schon mal ziemlich gut. Dass Essen ist noch besser und das Bier, das ich normalerweise eh nicht trinke, fließt und fließt und....

Naja, wie oft nach so einem Abend haben wir dann, wenn der Wecker noch im Dunkeln auf die sowieso schon geschundenen, noch verbliebenen Gehirnzellen einhämmert, gedacht:

"Der Tag hätte so gut anfangen können, zu Beispiel mit einem kräftigen Gewitter!"

Tja, hat er auch! Viertelstundenweise verschieben wir das Aufstehen. Von Vier bis Sechs. Dann hört's endlich auf zu schütten. Märchenhafte Landschaft umgibt uns auf dem Weg zur Bodenalm.


Nur, nach 1.500 Meter Zustieg: Vom Berg is nix zu sehen!



Irgendwas taucht dann auf, aber es sieht nicht so sehr einladend aus. Wir warten bis Mittag, nur besser wirds nicht.



Also tatschen wir, während es eindeutig angefangen hat aufzuhören besser zu werden, wieder nach unten. Netter Tag...


Zwei Tage später:
2.30 aufgestanden, Berni um 3.00 abgeholt, Tankstop am Achensee eingplant, aber alle Tanken haben zu. OK, also weiter, kurz vor Meyerhofen am Ortsschild noch zwei Heckfotos machen lassen, vor lauter Freude daß da die Shell offen ist. 48,8 Liter getankt. Inkl. Tankstutzen gehen 50 Ltr in den Volvo. Vollsaugen!



Dann gemütlich um 5.30h los zur Bodenalm:
Aha, das sieht doch schon ganz anders aus heute!

Und tatsächlich, um halb neun sitzen wir beim Frühstücken in der Sonne! Vor uns die Kante, schaut schon mal echt nicht schlecht aus.


Klare Anweisung vom Berg: Da geht's lang!

Doch hoppala, nach ein paar Metern kommt erstmal ne luftige Abkletterstelle: Öha, mit den Bollerschuhen und mit ohne Seil setz ich mich erstmal hin und sag: Da geh ich wieder heim!
Naja, nach bissal schauen gehts dann schon, gewöhnungsbedürftig halt. Bernis Problem: Ich bin schon unten, jetzt kann er schlecht verweigern. Zum Glück hat uns keiner gesehen.


Aber dann wirds schon: Nach ein paar Metern haben wir uns wieder an den Granit gewöhnt, und an die Bollerschuhe, und an das mit ohne Seil.
Und überhaupt isses eigentlich total geil!



Hin und wieder schaut sogar mal ein Hackerl aus einem Riß raus. Dieses Exemplar sogar noch mit adretter Hanfschlinge. Jaja, früher war sowas noch schick. Heut ist alles unzerreißbares Kevlar, Dyneema oder was sonst noch für a japanisches Glump.
Jaja, früher war alles anders. Nur die Kante, die ist noch die Selbe.
Nach dem ersten Vorgeplänkel wirds dann zum ersten Mal etwas steiler, irgendwo hab ich gelesen daß diese erste Schlüsselstelle gar nich frei sonder nur A0 ginge.
Alles Blödsinn, die kletterbare Linie ist zwei Meter rechts der Haken, 6+
Danach wird's wieder flacher, ...
... aber deswegen nicht weniger schön.
Sogar ein echter Rumpfl-Off-Width-Riß ist zu finden, natürlich für nen Pfälzer Riß-Spezialisten wie Berni gar kai Problem. Schrbschrbschrb!

Weiter oben, gegen Ende, wirds dann nochmal plattig-steil, also nochmal das Seil rausgeholt.

...und gleich wieder weg gemacht, weil...

...wir nämlich oben sind. Nur ganz oben ist Oben!


Das Gipfelbuch verrät's: So oft wird die Kante gar nicht gemacht.


Vom Gipfel ein paar Meter in die nächste Scharte und durch eine Rinne aufs Blockfeld.

Ein Firnfeld bringt doppeltes Glück: 400 Hm umsonst abfahren und Berni kann seine neue, coole Sonnenbrille vorführen: Schon extralässig, oder? Übrigens ist der Mann noch am Markt, ich hätt auch seine Handynummer....

Wenn's nicht so schön wär, wär's zum Kotzen: 2.000 Hm runter.
Aber so ist's einfach schön, nur der Berg und wir, kein Weg, keine blökenden, kurzärmilgen Touristen, keine Rindviecher die alles vollfladen.

So schön ist's, und zum Glück können wir das auch so richtig genießen, denn -wie man sieht- dauert's noch bis unten.


Zwei Stunden nach unserer Mittagspause am Gipfel hat uns die Zivilistation in Form einer fußfeindlichen Forststrasse wieder. Das gute an Straßen: Es fahren Autos darauf! Und deshalb sitzen wir auch schon um halb Vier wieder in Häusling beim Kaltgetränk. Ist auch gut so, morgen darf ich um sechs in's Stubai...


Facts Grundschartner Nordkante:

Sicher eine der besten Grantitklettereien der Ostalpen!

Talort: Häusling im Zillergrund

Zustieg:
Von Häusling zur Bodenalm, ca 1 1/4h
Weiter am Bach entlang taleinwärts, zuletzt durchb eine Rinne (die rechteste) am rechten Rand des Baches bis diese ungangbar wird und man sie nach rechts verlassen kann. Man erreicht ein weites Kar. Leicht linkshaltend ansteigen bis auf 2.500 mtr. Nun nach links, unterhalb eines Kantenfußes der vom Murgeler herabzieht zur Nordkante queren und diese von links gewinnen. Zunächst der breiten, flachen Kante über Blöcke folgen bis zum ersten Aufschwung. Ca 3-4h von Häusling, 1.500 Hm

Abstieg:

Vom Gipfel südwärts weiter (II) in die erste Scharte abklettern und von hier links eine brüchige Rinne auf das Blockfeld abklettern. Nun über Firn oder Blöcke in weitem Rechtsbogen hinab.
Nun das linke Kar hinunter zu Wiesen. Ohne Höhenverlust nach rechts bis auf die orog. rechte Karseite queren und Steinmännern zu Pfadspuren folgen, die auf der rechten Seite in den Talgrund führen.
Auf der orog. rechten Bachseite absteigen zur Au-Alm. Forstrasse nach Zillergrund und auf Mitfahrgelegenheit achten. Weiter 5 KM mit Bus bis 18.00h oder zu Fuß nach Häusling.

Hinweise:

Die noch im Pause mit 5h angegebene Kletterzeit wird nur auf Seilschaften zutreffen, die überwiegend gleichzeitig und seilfrei klettern. Bei durchgehender Versicherung sind Kletterzeiten von 6-7h vom E zum Gipfel realistisch.
Material steckt wenig Altes und manches Neues, aber das Gelände ist sehr sicherungsfreundlich.
Auch bei den Ständen ist meist Eigeninitiative gefragt.

Grundschartner Norkante Topo:

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

super artikel...lustisch geschrieben aber das berni pälzer is und ich ihn incht kenne is schon krass...oder hat er nur pfälzer vorfahren ? grüsse, alexW

Wuide Buam hat gesagt…

Hoi Axel!

Ja, also eigentlich isser ja gar kein richtiger Pälzer, der Berni, abr's Klettern hat er d glernt. Aus Pforze kommda.

С.Н. hat gesagt…

looks very nice, i'm already in love with the alpine granite. btw me and Vladimir finally made Cassin on the Badile :)
greatings from Bulgaria ;)

Anonym hat gesagt…

Was habt denn ihr für Riesenrucksäcke dabei - luschtig.

Anonym hat gesagt…

Ich hab die Kante gemacht 1973 als 15-jähriger. Das Wetter war damals etwa so wie bei eurem ersten Versuch, bedeckt und im Tagesverlauf immer mehr Regen und Sturm. Wir sind trotzdem eingestiegen und die Kletterei war toll. Leider wusste am Gipfel keiner so recht wo es runter geht, wir nahmen den ersten Grat nach rechts, es wurde immer steiler, ab und zu abseilen, irgendwann war es dunkel, durchnässtes, windiges und kaltes Biwak. Am nächsten Morgen war alles vorbei, der verbleibende Weg nach unten zur Bodenalm war einfach, die Sonne kam. Leider war es schon Montag morgen, jeder hätte in seiner Arbeit oder Schule sein sollen, Handys oder so gabs auch noch nicht, die Eltern zuhause in ziemlicher Sorge...
Die tollen Bilder machen die Erinnerung an diese für uns damals abenteuerliche aber schöne Tour wieder lebendig.
Jörg

Anonym hat gesagt…

Toller Bericht,

der Abstieg zur Bodenalm ist auch gut machbar und nicht so schlimm wie wie meist angegeben.

Hier eine Beschreibung von mir.

http://www.bergsteigen.at/Forum/Thema.aspx?ID=46431

Anonym hat gesagt…

Bodenalm: sauberes Matrazenlager (10 Plätze, 10 Decken vorhanden) auf der Bodenalm, ab September keine Bewirtschaftung der Alm, Lager ist aber offen
Zustieg: zeitiger Start!, Ausstieg nach rechts aus der rechten Rinne nicht zu früh (Verhauer durch Erlengestrüpp), unmittelbar nach einer rechten kleinen Seitenrinne über Grassschrofen aussteigen
Route: keine Bohrhaken, wenig Zwischenhaken (gesamt ca. 15), kleine und mittlere Friend + Zackenschlingen (4 120er), auf die Seillängeneinteilung im Topo muss man keine Rücksicht nehmen: es gibt immer genügend natürliche Standmöglichkeiten, Wegfindung weitgehend unproblematisch (nur sehr selten Umgehungen, ansonsten auf dem Grat bleiben)
Abstieg: Abstieg in der Dunkelheit extrem problematisch da keine Pfadspuren, wenn die Variante durch das linke (in Abstiegsrichtung) große Kar gewählt wird: wenn die rechte Karbegrenzung (Felsmassiv) endet: Steinmännchen, hier nicht zu weit absteigen: rechts halten, es muss eine große Bachrinne gequert werden, ab hier auch sporadisch Katzenaugen